Sven Dietrich
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Dr. Hans-Peter Friedrich

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Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB und Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag für Europapolitik und Europa-Koordination auf der Elektrifizierungskonferenz „Mut zum Lückenschluss“ am 30.10.2015 in Bayreuth

Liebe Frau Degen,

sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei der IHK bedanken, dass wir hier in diesen Räumen diese Konferenz machen können. Und ich bedanke mich, dass wir in der Lage sind hier heute mit Unterstützung der Kommunalpolitik aus den betroffenen Anliegerregionen der Bundes- und Landtagsabgeordneten ein Signal aussenden zu können.

Wir wollen, wenn ich hier die Damen und Herren des Städtenetzes ansprechen darf, nicht der 20. Resolution eine 21. hinzufügen, sondern wir brauchen jetzt das Signal in einer wichtigen Phase – und Sie haben das angesprochen, Frau Degen – in der der Bundesverkehrswegeplan aufgestellt wird. Eigentlich sollte er schon im Oktober vorliegen. Es hat sich alles etwas verzögert. Ich will das nicht kritisieren, denn es gilt: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Und es gibt uns die Möglichkeit auch noch unsere Auffassung einzubringen.

Der Ablauf soll so sein, dass zunächst ein erster Entwurf über Martin Burkhardt mit den Abgeordneten - natürlich in erster Linie mit dem Verkehrsausschuss - diskutiert wird. Wir werden uns alle in die Diskussion einbringen. Deswegen ist das, was wir heute hier besprechen und verabreden als gemeinsamer Fahrplan von wichtiger Bedeutung.

Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen: Ich möchte mich zunächst einmal bedanken, dass hier auch die Vertreter des Ministeriums da sind. Und Sie nehmen es uns nicht persönlich, wenn wir etwas deutlicher werden. Ich bitte Sie, ihren Ministern unsere Botschaft in aller Klarheit und Deutlichkeit zu überbringen.

Erstens: Wir sind nicht bereit, die Schienenverkehrspolitik in Deutschland den Bilanzen und Gewinn-Interessen der Deutschen Bahn AG zu unterwerfen, sondern wir sind der Überzeugung, dass die Schienenpolitik Strukturpolitik für unser Land ist und deswegen von höchster politischer Relevanz und auch von Politikern entschieden wird.

Ich habe die Bahnprivatisierung seit den Diskussionen mit Günther Krause Anfang der 90er Jahre verfolgt. Wir sind damals anders gestartet. Ursprünglich war die Idee, dass das Netz von der Bahn selber finanziert werden soll und allenthalben Kredite gegeben werden. Faktisch ist es so, dass heutzutage die Bahn das Schienennetz in Deutschland von Steuergeldern finanziert. Und so lang das so ist, wollen wir als Politiker, die auch Verantwortung haben gegenüber den Steuerzahlern, das entscheidende Wort mitreden.

Unter diesem Gesichtspunkt ist die Sachsen-Franken-Magistrale von kulturpolitischer und strategischer Bedeutung für Südwestsachsen, für Böhmen und für den gesamten nordostbayrischen Raum. Und deswegen kämpfen wir auch in einer Formation, die sie hier vorfinden – von den Freunden aus Karlsbad, Zwickau, Chemnitz, dem Vogtland und den oberfränkischen und mittelfränkischen Abgeordneten.

Vor 25 Jahren hat man eine Entscheidung getroffen, sehr verehrte Damen und Herren, dass der ICE nicht von Nürnberg nach Berlin, sondern durch den Thüringer Wald nach Erfurt und nach Leipzig fährt. Mit dieser Entscheidung, die so ist, wie sie ist, hat man auch entschieden, eine Region vom Schnellbahnverkehr abzuhängen, bei der es nicht um 100.000 Einwohner geht, sondern bei der es um mindestens 2 Millionen geht. Wenn ich mir anschaue, dass allein Hof, Wunsiedel, Bayreuth und die nördliche Oberpfalz eine gute halbe Million Menschen haben. Wir reden über Zwickau, Chem­nitz und das Vogtland - die gesamte Region noch einmal mit einer dreiviertel Million Menschen. Hinzu kommen die tschechischen Freunde bis Karlsbad. Ich glaube, da kommt einiges zusammen.

Auch das Nürnberger Umland hat großes Interesse an dieser Elektrifizierung. Wir erwarten – wenn wir schon abgehängt worden sind, durch diese Entscheidung damals –, dass wir wenigstens eine Fernbahnverbindung zu den uns umgebenden ICE-Bahnhöfen haben und das ist der ICE-Bahnhof Dresden, der ICE-Bahnhof Regens­burg und der ICE-Bahnhof Nürnberg. Und wir akzeptieren nicht, dass diese Verbin­dungen dorthin auf irgendwelche Regional- und Nahverkehrsrelationen reduziert werden, sondern wir erwarten wie gesagt Fernbahnverbindungen.

Ich glaube, dass das auch klar wird wenn man sich anschaut, dass diese Relation der Sachsen-Franken-Magistrale eine Lebensader der ganzen Wirtschaftsregion ist. Und wir haben bedeutende Wirtschaftsbereiche von Zwickau angefangen über die Glauchauer Gegend bis hier in den hochfränkischen und Bayreuther Raum, die sich sehen lassen können und die ein Recht darauf haben, dass sie politisch in angemessener Weise geachtet werden.

Das Zusammenwachsen am ehemaligen Eisernen Vorhang zwischen Deutschland und Tschechien und zwischen den ehemaligen beiden Teilen Deutschlands ist nach 25 Jahre auf der Straße und auf der Schiene unzureichend. Es kann nicht sein, dass man von Bayern aus auf der Schiene im Fernfahrbereich von der Metropole Nürnberg aus Sachsen nur über den Thüringer Wald nach Erfurt erreichen kann, um dann nach Leipzig zu kommen.

Das ist im Grunde eine Bankrotterklärung der Verkehrspolitik, dass wir es nicht geschafft haben, Bayern und Sachsen auch im Schienenverkehr ordentlich zusammenwachsen zu lassen.

Das Gleiche gilt für das Zusammenwachsen Deutschlands und Tschechiens. Wenn wir es schon nicht geschafft haben, die Verbindung Regensburg – Leipzig als Fernverkehr auszubauen, und ich glaube das wäre strukturpolitisch eine dringend notwendige Maßnahme gewesen, diese beiden Wirtschaftsregionen zusammenzuspannen, dann sollten wir wenigstens verhindern, dass durch Vernachlässigung die bestehende Relation Dresden – Nürnberg ausgehebelt wird. Und deswegen kämpfen wir mit allem Nachdruck für diese Verbindung.

Alles andere – und das sage ich auch mit aller Deutlichkeit – wird eine Diskussion provozieren, die wir vor 10 Jahren hatten. Nämlich, ob es nicht angemessen wäre, Netz und Betrieb bei der Bahn zu trennen. Ich sage das deswegen, weil diese Diskussion vor 10 Jahren schon stattgefunden hat, als damals Herr Mehdorn und der zuständige Bundesverkehrsminister allen Ernstes die Bahn und unser Schienennetz an die Börse bringen wollten. Was bedeutet hätte, dass wir beim Ausbau unseres Schienennetzes uns die Meinung der Aktionärsschützer in New York/Manhatten einholen hätten müssen.

Wir haben das damals verhindert. Und wir haben akzeptieren müssen, dass Herr Mehdorn dann im Gegenzug Netz und Betrieb behalten hat. Aber sie provozieren, wenn sie weiterhin nur betriebswirtschaftliche und bilanztechnische Fragestellungen der Deutschen Bahn AG zum Maßstab für Schienenpolitik in Deutschland machen, dass diese Diskussion wieder kommt. Ich kündige das jeden­falls an, dass wir das notfalls wieder auf die Tagesordnung setzen.

Was Bayern – Tschechien angeht, so ist die Relation Nürnberg – Marktredwitz – Schirnding – Eger– Plzeň – Prag Bestandteil der Transeuropäischen Netze. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der damalige Minister Matthias Wissmann nach Prag gefahren ist und dann kamen die Tschechen nach Bonn und dann hat man 1995 eine große Vereinbarung getroffen, dass man diese Strecke ausbaut.

Die Tschechen haben geliefert. Die Tschechen haben im Jahr 2012 eine Grundsanierung dieses Netzes bis Eger abgeschlossen. Es fehlt eine Lücke bis Schirnding von 7 km und wir könnten leicht mit elektrischen Zügen von Prag über Plzeň – Eger weiter nach Marktredwitz über Pegnitz nach Nürnberg fahren. Aber Deutschland hat nicht geliefert. Sondern Deutschland ist in einer Vorplanung geblieben, bei der die erste Stufe jetzt im Sommer abgeschlossen wurde. Das ist für eine Nation, deren Investitionsstandortqualität von politischer Stabilität von der Qualifizierung seiner Arbeitnehmer und als drittes hauptsächlich von der Infrastruktur abhängt, ein Armutszeugnis. Und deswegen wird es Zeit, dass wir diesen Lückenschluss auch vornehmen.

Warum Lückenschluss ? Das ist eine andere Sichtweise als das, was wir momentan im Bundesverkehrsministerium haben. Sie betrachten diese Relation Marktredwitz – Nürnberg als isolierten Abschnitt und weder im Zusammenhang mit der Relation Dresden – Nürnberg, noch im Zusammenhang mit der Relation von Plzeň – Eger nach Nürnberg. Wenn Sie diese Relationen nämlich nehmen, dann ist es in der Tat ein Lückenschluss.

Wissen Sie: Mich regt das Gejammer über die Tunnel, die zwi­schen Marktredwitz und Nürnberg liegen, auf. Wir reden über 1,5 km Tunnel. Wenn man sich überlegt, dass Milliarden verbuddelt werden im Thüringer Wald. Wenn man sich überlegt, dass man zwischen Nürnberg und München eine Strecke gebaut hat, wo man im Tunnel eine Brücke bauen musste, weil die Tragfähigkeit des Untergrun­des nicht gegeben war, dann finde ich es lächerlich zu argumentieren, dass wegen 1,5 km Tunnel zwischen Marktredwitz und Nürnberg nicht elektrifiziert wird. Das kann man niemanden erzählen und das werden wir auch nicht akzeptieren!

Herr Gratza, ich sage Ihnen eins, ich kenne ja den neuen Bundesverkehrswegeplanentwurf noch nicht. Ich kenne auch nicht die Rechnungen, die Sie da vorgelegt haben. Wir werden uns die Kosten/Nutzen-Rechnungen mal genau anschauen. Es wäre nicht redlich, wenn Sie in diese Kosten/Nutzen-Rechnungen bei den Elektrifizierungskosten Unterhaltskosten, die sowieso notwendig sind, mit einbeziehen.

Wir er­warten, dass Kosten beispielsweise für die Sanierung der Brücken bei Pegnitz, die unabhängig von der Elektrifizierung sowieso saniert werden müssen,– rausgerechnet werden und dass nicht in irgendeiner Weise dort gemauschelt und gemogelt wird. Wir werden uns diese Zahlen genau anschauen.

Ich möchte die Kollegen aus dem Verkehrsausschuss, namentlich dich lieber Martin Burkert, ganz herzlich bitten, wenn es soweit ist, im Sinne dieser Verbindung Flagge zu zeigen. Es ist eine Sache, die ganz Oberfranken – aber ich glaube auch die Metropolregion, es geht auch um den Zusammenhalt einer Metropolregion – betrifft.

Und ich bitte darum, auch die Kollegen aus Sachsen, dass wir die Bundestagskollegen aus allen Fraktionen aktivieren, dass wir an einem Strang ziehen und mit dieser Argumentation, die wir heute sozusagen nochmal erörtern und auch zu Papier bringen werden, dann auch auftreten, wenn es um die Anhörung geht. Wir haben höchst potente und eloquente Abgeordnete im sächsischen Raum. Insofern möchte ich Sie bitten, diese zusätzlich zu aktivieren.

Ich hoffe jedenfalls auf ein klares und gutes Signal. Sie (gemeint ist Herr Gratza BMVI) nehmen es uns nicht übel, dass wir etwas deutlicher werden auch in unseren Statements. Wir bitten Sie gleichwohl, das 1:1 an Ihre Minister zu übermitteln.

Ich wünsche Ihnen gute Beratungen!

Quelle: https://saechsisch-bayerisches-staedtenetz.de/beitrag/Dr._Hans-Peter_Friedrich

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